Archive of Various Views
Multimedia Installation, Stefan Baltensperger, 2014
The question is: What is the world.
Images:
Our perception of the world is a construct made of images. Images in our heads, that, once linked with words, places or time, produce meaning. A cartography of contexts. Highly subjective and imprint by regional points of view.
Archive of various Views links the art space to newspapers from all over the world. Without knowing, they continuously provide their latest images into the space.
The images on daily basis are located on a digital map just at the spot of their place of publication.
The map is composed of a variety of individual media pictures.
It is revealed to the observer on twelve screens, arranged in the exhibition space.
“Archive of Various Views” draws a decentralised view of the world.
A hybrid image develops out of diverse contexts whose avoidance of cultural self reference insists upon the formation of new relationships.
The observers become witnesses of a process of accumulation of images and and the experience of losing oneself in the multitude of possible perspectives.
Images: Exhibition view, Kunstraum Kreuzlingen, Switzerland, 2014
Stefan Baltensperger, Archive of Various Views
Dr. Dorothee Richter, Ansprache anlässlich der Ausstellungseröffnung „Archive of Various Views“ im Kunstraum Kreuzlingen (CH), September 2014.
In der medialen Inszenierung „Archive of Various Views“ sehen wir uns mit der Frage konfrontiert, welches visuelle Material zirkuliert und welches visuelle Material wir zu sehen bekommen. Die Arbeit beruht auf einer Montage digitaler Bilder die in Zeitungen an unterschiedlichen Orten der Welt gezeigt werden. Um genau zu sein, muss man sagen, nicht auf ihren Print Versionen, sondern auf ihren Webseiten. Schon daran kann man sehen, wie sehr sich die Verteilung, der Zugriff und die Zugänglichkeit von Material geändert haben.
Sind nun diese Bilder kulturell konnotiert? Gibt es in anderen Kulturen andere Bilder zu sehen und wie werden sie in andere Zusammenhänge gebracht, um Bedeutung zu erzeugen? Roland Barthes hat in den berühmten Mythen des Alltags erklärt, wie die Zusammenstellungen von Bildern und Texten ideologische Botschaften verkünden, deutlich gemacht hat er dies an einem jungen schwarzen Soldaten, der fröhlich und aufgeräumt in französischer Uniform die Trikolore grüsst. Dies vermittelt als Botschaft die Zustimmung zu einer kolonialen Herrschaftsform, verloren gehen dabei die spezifischen Umstände, wo genau das Bild aufgenommen wurde, welches Schicksal der Junge hatte, welche tatsächlichen politischen Umstände in dem Land herrschten. Der Mythos ent-historisiert, sagt Roland Barthes. Wir sehen uns daher bei dieser Arbeit von Stefan Baltensperger einer Kette von Mythen, ideologischen Settings gegenüber, diese werden gerade in ihrer Gegenüberstellung auffaltbar und damit als Mythen erkennbar. Werden immer die selben Bilder publiziert? auf welchen kulturellen Kontexte treffen diese und wie lautet der Kommentar? Welche ideologische Setzung entsteht dadurch? Werden zum Beispiel mehr weisse als schwarze Menschen gezeigt, und wo ist dies der Fall? Wie werden Frauen und Männer dargestellt? Und was wird damit in die Welt gesetzt? Welche Schönheitsnormen gelten wo?
Digitale Kultur geschieht an einem Ort, den wir den dritten Raum nennen könnten, in Anlehnung an den amerikanischen Geograph, der den Begriff der Dritte Raum geprägt hat, Edward Soja mit der Veröffentlichung “Thirdspace, journeys to Los Angeles and other Real and Imagined places.” (1996) Wichtig an diesem Konzept für uns ist, dass er den realen Raum und den vorgestellten Raum in einen Zusammenhang bringt. Der Terminus Dritter Raum wurde anschliessend von dem Soziologen Ray Oldenburg aufgegriffen, er benützte ihn als eine Bezeichnung für den Ort einer Gemeinschaft, der ein extra Raum ist, (ausserhalb der Wohnung und des Arbeitsplatzes) aber gleichzeitig ein gemeinschaftsstiftender Raum. (1989, 1991) . Diesen gemeinschaftsstiftenden Ort, den man am “Screen” des Bildschirms festmachen kann, könnte abgeleitet aus einer Lacan’schen Terminologie aber auch den Ort bezeichnen, auf den hin das Subjekt sich entwirft, den Ort auf den hin es versucht seine Subjektivität zu entwickeln. Eine Bilderflut über Medien würde also eine Gemeinschaft herstellen und einzelne Subjekte adressieren, die wiederum in ihrer Subjektkonstruktion auf diese Anrufungen antworten. In gewisser Weise werden so Teile des produzierten Materials von Medien in Persönlichkeiten eingebaut, in das jeweilige Weltverständnis.
Was heisst transnational oder multikulturell? Ich möchte die Philosophin Gayatri Chakravorty Spivak zitieren: „What people call transculture is culture as it happens. Culture alive is its own counter-example. Transculturation is not something special and different. It is a moment in a taxonomy of the normality of what is called culture.“
„Archive of Various Views“ vermittelt uns Eindruck, oder lässt uns zumindest anhand unseres kulturellen und sozialen Backgrounds Vorstellungen davon entwickeln, wie diese Bilderflut Räume, Gemeinschaften und Individuen hervorbringt.
1 See http://geography.ruhosting.nl/geography/index.php?title=Third_space, accessed 5th of Nov. 2013; Soja, E.W. (1996). Thirdspace: Journeys to Los Angeles and Other Real-and-Imagined Places. Blackwell Publishing: Oxford.
2 See http://en.wikipedia.org/wiki/Third_place, accessed 5th of Nov. 2013.
3 Gayatri Chakravorty Spivak auf der website von EIPCP,